Die gute Nachricht zum Tag: Die Bundesregierung hat die ins Straucheln geratene Wien Energie vorerst gerettet. Die schlechte Nachricht: Das Bild, das die handelnden Politiker dabei geboten haben, ist kein gutes. Die Art und Weise, wie hier miteinander umgegangen wurde, zeigt ein Multi-Kommunikationsversagen auf vielen Ebenen.

Die ins Straucheln geratene Wien Energie ist vorerst gerettet.
Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Sprechend die Bilder von der Verkündung der Einigung: Der Bundeskanzler stand da im Kanzleramt, mit ihm der Finanzminister, die Energieministerin und der Präsident der Finanzprokuratur. Kein Wiener Bürgermeister, auch nicht der zuständige Finanz- und Wirtschaftsstadtrat. Michael Ludwig warb fast zeitgleich im Wiener Rathaus für mehr Polizeipersonal. Auch ein wichtiges Thema, zweifellos. Kanzler Karl Nehammer sagte zwar, es sei in den vergangenen 72 Stunden "keine Zeit für Befindlichkeiten" gewesen. Nichtsdestotrotz troffen Befindlichkeiten aus allen Poren.

Die Kommunikation des roten Teils der Wiener Stadtregierung in der Causa war desaströs. Hat man tatsächlich geglaubt, man könne die Probleme der Wien Energie mit einer heimlich erlassenen Notverordnung unter der Decke halten? So geht man mit einem gewählten Parlament, dem Wiener Landtag, nicht um. Dazu kommt, wie der Koalitionspartner Neos informiert wurde – im Nachhinein und äußerst knapp. So geht man mit einem Regierungspartner nicht um. Schließlich dann der Notgipfel im Bundeskanzleramt am Wochenende: Wien braucht Hilfe in Milliardenhöhe – und kein verantwortlicher Wiener Politiker taucht auf? Kein Wunder, dass die dort versammelten Mitglieder der Bundesregierung sauer waren.

Politische Ranküne

Damit lässt sich noch der Auftritt von Finanzminister Magnus Brunner in der ZiB 2 erklären, als er die massiven Probleme der Wien Energie mit dramatischen Worten bestätigte. Aus ökonomischer Sicht war das problematisch. Noch problematischer waren jedoch die darauffolgenden Wortmeldungen des ÖVP-Politikers Brunner, in denen er feine politische Nadelstiche gegen die Wien Energie und die rote Stadtregierung setzte. Das ist mutwillige politische Ranküne – und in einem Prozess, in dem es um die weitere Existenz eines infrastrukturell bedeutenden Unternehmens geht, einfach nur schädlich. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner schoss im ORF-Sommergespräch zurück und schürte ihrerseits Zweifel an der Liquidität anderer Energieunternehmen. Politischer Revanchismus auch hier, das ergibt ein katastrophales Bild.

Jenseitig war die wahlkampfgesteuerte Wortmeldung des Tiroler ÖVP-Spitzenkandidaten Anton Mattle: "die Wiener" mit Tiroler Steuergeld retten? Na, sicher nicht! Wien wird sich sicher daran erinnern, wenn Tirol einmal Geld braucht.

Was all das für die nahe Zukunft bedeutet – man mag es sich nicht ausmalen. Die Frage drängt sich auf: Können wir uns als Bürgerinnen und Bürger darauf verlassen, dass im Fall schwerer Krisen die politischen Entscheidungsträger auch über Parteigrenzen hinweg optimal zusammenarbeiten? Zweifel sind angebracht. (Petra Stuiber, 1.9.2022)